Universität
des Saarlandes Mathematik und Informatik AG Schreyer - Dr. Janko Böhm |
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Einführung in die Algebra und Zahlentheorie
Wintersemester 10/11
Ausblick: Auflösen von polynomialen Gleichungen durch Radikale
Nicolo Tartaglia (1500-1557) Girolamo Cardano (1501 - 1576)
Sei f ein Polynom vom Grad d mit
rationalen Koeffizienten.
Ist eine Darstellung der Nullstellen durch
Radikale (d.h. ineinanderverschachtelte Wurzeln) stets
möglich?
Für Grad 2 gilt
Für Grad 3 geht dies auch mit der Cardano-Formel von Nicolo Tartaglia (1500-1557):
Wir können eine Gleichung vom Grad 3 stets auf die Form
bringen. Die Lösungen sind dann gegeben durch
wobei
Auch für Grad 4 gibt es eine Formel von Ludovico Ferrari (1522-1565). Eine geometrische Methode die Formel herzuleiten finden Sie unten.
Für Grad >4 ist dies i.A. nicht möglich, wie Abel gezeigt hat. Für welche speziellen Polynome es doch geht beantwortet die Galoistheorie.
Niels Abel (1802-1829) Evariste Galois (1811 - 1832)
Die Fragestellung der
Auflösung von Polynomgleichungen durch Radikale wird behandelt in der
Galoistheorie, in welcher Gruppen-,
Ring- und Köpertheorie zusammenkommen. Die Grundidee
ist folgende:
Da die Nullstellen
a1,...,ad eines Polynoms f nicht eindeutig anordnen
lassen, betrachtet man die Gruppe der
Symmetrien Gal(f) der Menge der Nullstellen, genauer die
Körperautomorphismen von Q[a1,...,ad ]. Die Gleichung f = 0 läßt sich durch Wurzeln
auflösen genau dann, wenn die Galoisgruppe im Sinne der Gruppentheorie auflösbar
ist.
Auflösen einer allgemeinen Gleichung 4. Grades durch Radikale
Mit einer linearen Transformation können wir ein Polynom 4. Grades auf die Form
x4 + b2 · x2 + b1 · x + b0
bringen. In der Grafik betrachten wir das Beispiel f = x4 - 5 · x2 + x + 4.
Statt f = 0 betrachten wir das Gleichungssystem
q1= y - x2 = 0
q2 = y2 + b2 · y + b1 · x + b0 = 0
und suchen die 4 Schnittpunkte der Parabeln q1 und q2. Dazu betrachten wir die Schar von Quadriken
q1 + t · q2 = 0
mit dem Parameter t durch die 4 Schnittpunkte von q1 und q2
An 3 Werten für t wird die Konik q1 + t · q2 = 0 reduzibel, d.h. ist eine Vereinigung von 2 Geraden. Um diese Werte zu bestimmen schreiben wir die Quadrik in Matrixform:
q1 + t · q2 = (x,y,1)A(t)(x,y,1)t
Die kubische Gleichung det(A(t)) = 0 heißt Resolvente von f und deren Nullstellen liefern die reduziblen Koniken.
Wählen wir nun einen solchen Wert t0 aus:
so können wir q1 + t0 · q2 in Linearfaktoren faktorisieren als
q1 + t0 · q2 = L1 · L2
durch Lösen
einer quadratischen Gleichung.
Schließlich können wir einen Schnittpunkt von L1 =
0 mit q1 = y - x2 durch Lösen einer weiteren quadratischen Gleichung
bestimmen. In Formeln übersetzt erhalten wir so eine
Darstellung der Nullstellen durch Radikale.
Die
Wahlmöglichkeiten in den Formeln:
2 · 3 um die kubische
Resolvente zu lösen, die Wahl der Gerade, die Wahl des Schnittpunkts gibt
insgesamt:
23 · 3 = 24
Möglichkeiten. Für allgemeine Koeffizenten ist dies die Ordnung der Galoisgruppe.
Übung: Schreiben Sie die resultierende Formel auf!
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Arbeitsgruppe Frank-Olaf Schreyer
Einführung
in die Algebra und Zahlentheorie