AG  Prof. Dr. Frank-Olaf Schreyer

 

Studienführer Mathematik der Universität Bayreuth
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Wie studiert man Mathematik?

Das Mathematikstudium zeichnet sich dadurch aus, daß, in Wochenstunden gemessen, der Student pro Semester nur wenige Vorlesungen hört. Es kommt vielmehr darauf an, die Inhalte wirklich zu verstehen und selbständig in den begleitenden Übungen zu vertiefen. Ganz wichtig ist, daß vom ersten Tag an wirklich Mathematik betrieben wird.

Im ersten Semester wird mit den beiden Grundvorlesungen Analysis I und Lineare Algebra I der Schulstoff noch einmal aufgegriffen und vertieft.
 
Die beiden Vorlesungen werden jeweils durch zweistündige Übungen begleitet, in denen ergänzend zur Vorlesung Aufgaben wöchentlich gestellt, schriftlich bearbeitet und anschließend besprochen werden. Die Aufgaben selbst sind von unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad. Um einige Aufgaben lösen zu können, reicht es, die Vorlesung sorgfältig nachzuarbeiten. Bei anderen Aufgaben wird zusätzlich eine neue Idee von Ihnen verlangt, die Sie nur durch gründliches, längeres Nachdenken bekommen können. Die etwas schwierigeren Aufgaben machen sehr viel Spaß, wenn man sie löst, wenn nicht, kann es frustrierend sein.

Das didaktische Konzept, das diesem Ausbildungsstil zugrunde liegt, basiert auf dem Prinzip, daß Ideen, die man selbst entwickelt hat, sich am besten einprägen. Ein anderer Gesichtspunkt ist, daß auf diese Weise die Kreativität entwickelt werden kann.

Es wird nicht erwartet, daß Sie alle Übungsaufgaben lösen. Wegen der recht unterschiedlichen Vorkenntnisse und Fähigkeiten der Erstsemester werden Aufgaben recht unterschiedlichen Schwierigkeitsgrades gestellt. Dadurch findet jeder Student die Aufgaben, deren Lösung für ihn den größten Lernerfolg bringt. Erfolgreich verläuft das Semester, wenn die Aufgaben zu mindestens 50% gelöst werden. Einigen Erstsemestern fällt die Umstellung auf den Arbeitsstil an der Universität recht schwer. Viele Erstsemester finden es irritierend, daß es sich lohnt, mehrere Stunden Arbeit in die Lösung einer einzelnen Aufgabe zu stecken, deren Musterlösung manchmal nur wenige Zeilen umfaßt. Außerdem muß das mathematisch saubere Argumentieren noch gelernt werden. Manchem später erfolgreichen Mathematiker ist das erste Semester sehr schwer gefallen. In dieser schwierigen Anpassungsphase helfen Ihnen Mentoren und Tutoren.

Neben den Mathematikvorlesungen hören Sie im ersten Semester eine, maximal zwei, weitere vierstündige Vorlesungen mit Übungen im Nebenfach. Insgesamt ergeben sich somit 18 bzw. 24 Wochenstunden. Über die verbleibende Zeit können Sie frei verfügen. Sie brauchen diese Zeit, um die Vorlesung nachzuarbeiten und die Übungsaufgaben zu lösen. Sie werden zum Teil zu Hause am Schreibtisch arbeiten, zum Teil in der Bibliothek, an den Computern in der Universität oder im Gespräch mit Kommilitonen. Vieles kann irgendwo geschehen. Die besten Ideen bekommt man oft in ganz unerwarteten Momenten.

In den folgenden Semestern ändert sich am Arbeitsstil nur wenig. Sie hören pro Semester zwei, maximal drei, Mathematikvorlesungen und ein bis zwei Vorlesungen im Nebenfach. Weitere Details können Sie den beiliegenden Studienplänen entnehmen.

Die Devise ist also: Lieber weniger, dafür gründlich. Das Mathematikstudium ist wie Bergsteigen: Es geht nur langsam voran, aber das Ziel lohnt die Mühe.

Nach dem vierten bzw. dritten Semester findet eine Zwischenprüfung statt, das Vordiplom oder - beim Lehramt - die Staatliche Zwischenprüfung. Das Vordiplom besteht aus vier mündlichen Prüfungen. Die Staatliche Zwischenprüfung hat sowohl schriftliche wie mündliche Teile und ist in Bayern, was die schriftlichen Teile betrifft, landesweit organisiert. Die bestandene Zwischenprüfung garantiert Ihnen nach menschlichem Ermessen, daß Sie in der Lage sind, das Studium erfolgreich abzuschließen. Die Zwischenprüfung dient auch dazu, daß Sie den in den ersten beiden Jahren behandelten Stoff noch einmal rückblickend zusammenfassen und eigene Neigungen und Stärken besser erkennen. Dies hilft Ihnen bei der Wahl Ihres Vertiefungsgebiets im Hauptstudium.

Spätestens im Hauptstudium kommen zu den Vorlesungen die Seminare hinzu. Sie lernen in den Seminaren, selbständig mathematische Literatur zu lesen, aufzubereiten und verständlich vorzutragen. Gekrönt wird die Ausbildung durch die Anfertigung einer Diplomarbeit bzw. Zulassungsarbeit für das Staatsexamen. Nach gründlicher spezifischer Einarbeitung in ein Spezialgebiet schreiben Sie in 6 Monaten eine umfangreichere mathematische Arbeit. Von dem Selbstbewußtsein, daß Sie durch das Anfertigen dieser Arbeit erwerben, werden Sie ein Leben lang profitieren. Die meisten Mathematiker denken zu Recht mit tiefer Befriedigung an die Zeit der Anfertigung der Diplomarbeit bzw. Zulassungsarbeit zurück.
 

Diplomanden diskutieren mit ihrem Professor
 

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