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Kettenregel

Bemerkung. Wir formulieren die Definition der Ableitung so um, daß man nicht mehr den Grenzwert eines Quotienten untersucht. Dies bringt folgende Vorteile:

Bemerkung. Es sei $ f$ differenzierbar im Punkte $ a$.

Wir bezeichnen den verschobenen Differenzenquotienten und seinen Grenzwert bei $ h=0 $ für $ h\in \{I-a\} $ mit

$\displaystyle \varphi: h \mapsto \left\{\begin{array}{ll}
\displaystyle
\frac{f...
...l ur \( h\not=0 \),}\\
f'(a) &\text{f\uml ur \( h=0 \).}
\end{array} \right.
$

Die Funktion $ \varphi : \{I-a\} \rightarrow \mathbb{R}$ ist stetig in $ h=0 $ mit Grenzwert

$\displaystyle \lim_{h\to0}\varphi(h) = f'(a)$   .$\displaystyle $

Für die Differenz $ \Delta f(a,h) $ der Funktionswerte von $ f$ in den Punkten $ a+h $ und $ a$ gilt

$\displaystyle \Delta f(a,h) :=f(a+h)-f(a) = \varphi(h)\cdot h$   .$\displaystyle $

Diese Umformung führt uns zu dem folgenden Feststellung:

Lemma 3.2.9 (Äquivalenz zur Differenzierbarkeit)  

Es seien $ I\subset \mathbb{R}$ ein offenes Intervall, $ a\in I$. und $ f:I \rightarrow \mathbb{R}$. Die folgenden Aussagen sind äquivalent:

1.
$ f$ ist differenzierbar im Punkt $ a$.
2.
Es gibt eine stetige Funktion

$\displaystyle \varphi: \{I-a\} \rightarrow \mathbb{R}$,$\displaystyle $

so daß für alle $ h\in \{I-a\} $ gilt:

$\displaystyle \Delta f(a,h)=f(a+h)-f(a) = \varphi(h) \cdot h$   .$\displaystyle $

Wenn dies erfüllt ist, dann ist $ f'(a) = \varphi(0) $.

Beweis . \fbox{1\( \Rightarrow \)2.:} Vergleiche die Vorbemerkung.

\fbox{2 \(\Rightarrow\)1:} Nach Voraussetzung existiert

$\displaystyle \lim\limits_{h\to 0}\frac{f(a+h)-f(a)}{h}= \varphi(0) $

Satz 3.2.10 (Kettenregel)  

Seien $ I,J\subset\mathbb{R}$ offene Intervalle und

$\displaystyle h: I \stackrel{f}{\longrightarrow} J
\stackrel{g}{\longrightarrow} \mathbb{R}$

Funktionen. Wenn
$ f$ an der Stelle $ a\in I$ differenzierbar ist und
$ g $ an der Stelle $ f(a)\in J $ differenzierbar ist,
dann ist die Komposition $ h=g\circ f:I\rightarrow \mathbb{R}$ an der Stelle $ a$ differenzierbar. Es gilt die Kettenregel

$\displaystyle (g\circ f)'(a)=g'(f(a))\cdot f'(a).
$

Bemerkung. Die Ableitung der Komposition $ g \circ f $ ist das Produkt der Ableitungen der äußeren Funktion $ g $ mit der Ableitung der inneren Funktion $ f$:

\fbox{\parbox{.6\columnwidth}{
\begin{alignat*}{2}
\quad
(g \circ f)' =&\qquad...
...}ere Ableitung }} &\cdot
&\text{\textbf{ innere Abbleitung } }
\end{alignat*}}}

Bemerkung. Die Kettenregel gilt auch für Abbildungen zwischen Vektorräumen. Deren Ableitungen sind Matrizen und das Matrizenprodukt ist nicht kommutativ.

Man präge sich deshalb die Kettenregel in dieser Reihenfolge ein:

\fbox{\parbox{.6\columnwidth}{
\begin{displaymath}(g\circ f)'(a) = g'(f(a))\cdot f'(a) \end{displaymath}}}

Beweis . Nach Lemma [*] gibt es eine stetige Funktion

$\displaystyle \gamma : \{J-f(a)\}\rightarrow \mathbb{R}$,    
$\displaystyle \gamma(0) = g'(f(a))$,    
$\displaystyle g(f(a)+k)-g(f(a)) = \gamma(k)\cdot k$    

und eine stetige Funktion $ \varphi : \{I-a)\}\rightarrow \mathbb{R}$, so daß

$\displaystyle \varphi(0) = f'(a)$    
$\displaystyle f(a+h)-f(a) = \varphi(h)\cdot h$   .    

Setzt man $ k:=f(a+h)-f(a) $ so folgt

$\displaystyle g(f(a+h)) -g(f(a))$ $\displaystyle = \gamma(f(a+h\!)-\!f(a))\cdot(f(a+h)\!-\!f(a))$    
  $\displaystyle = \gamma(f(a+h)\!-\!f(a))\cdot \varphi(h)\cdot h$   .    

Da $ \ h \mapsto \gamma(f(a+h)\!-\!f(a))\cdot \varphi(h) \ $ stetig in $ h=0 $ ist, ist nach Lemma [*] $ g \circ f $ differentierbar im Punkte a und

$\displaystyle (g\circ f)'(f(a)) = \gamma(0)\cdot \varphi(0)
= g'(f(a))\cdot f'(a)$   .$\displaystyle $

Bemerkung. Wenn $ I\subset \mathbb{R}$ ein offenes Intervall und $ f:I \rightarrow \mathbb{R}$ stetig und streng monoton ist, dann ist $ f(I)$ ein offenes Intervall (vgl. [*]).

Wenn $ f$ und die Umkehrfunktion $ f^{-1}$ differenzierbar sind, so folgt aus derKettenregel $ 1 = \mathrm{id}' = (f^{-1}\circ f)' = \bigl((f^{-1})'\circ f\big)\cdot f $ und somit

$\displaystyle (f^{-1})'(f(a)) = \bigl(f'(a)\bigr)^{-1}$   .$\displaystyle $

Satz 3.2.11 (Ableitung der Umkehrfunktion)  

Es seien $ I\subset \mathbb{R}$ ein offenes Intervall, $ f:I \rightarrow \mathbb{R}$ stetig, streng monoton, $ J = f(I) $ und $ g: J \rightarrow \mathbb{R}$ die Umkehrfunktion zu $ f$. Es sei $ f$ im Punkt $ a\in I$ differenzierbar.

Die Umkehrfunktion $ g $ ist genau dann an der Stelle $ f(a)$ differenzierbar, wenn $ f'(a)\not=0$. In diesem Fall gilt

$\displaystyle (g)'(f(a))=\frac{1}{f'(a)}$    .$\displaystyle $

Beweis (Ableitung der Umkehrfunktion).

\fbox{\(\Rightarrow\):} Man vergleiche die Vorbemerkung.

\fbox{\(\Leftarrow\):} Nach Lemma [*] gibt es eine stetige Funktion $ \varphi $ mit:

$\displaystyle \varphi : \{J-f(a)\}\rightarrow \mathbb{R}$,    
$\displaystyle \varphi(0) = g'(f(a))$,    
$\displaystyle f(a+h)-f(a) = \varphi(h)\cdot h$    

Da $ \varphi(0) = f'(a) \not= 0 $ und $ f$ streng monoton ist, gilt $ \varphi(h) \not=0 $.

Man definiere eine stetige Funktion $ \gamma:\{J-f(a)\}\rightarrow \mathbb{R}$ durch:

$\displaystyle h :=g(f(a)+k)-a$   für $ k\in \{J-f(a)\} $,    
$\displaystyle \gamma : k \mapsto \frac{1}{\varphi(h)}$   mit$\displaystyle \quad \gamma(0) = (\varphi(0)^{-1} = (f'(a))^{-1}$   .    

Aus $ k = f(a+h)-f(a) = \varphi(h)\cdot h $ und Lemma [*] folgt die Differenzierbarkeit von $ g $:

$\displaystyle g(f(a)+k)-g(f(a))%% = \frac{1}{\varphi(g(f(a)+k)-f(a))}\cdot k
= \gamma(k)\cdot k$   .$\displaystyle $


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Analysis1-A.Lambert 2001-02-09